14. Februar

Immer die Wahrheit zu sprechen, ist gar nicht so leicht, selbst wenn man es ernstlich will. Die Lüge ist so stark mit unserem Leben verflochten, dass die meisten Menschen sogar im Stillen, in ihren Selbstgesprächen oder in ihren Gebeten, noch die Unwahrheit sagen, wo es doch gar keinen Zweck und Erfolg haben kann.

Dagegen bemerken die Menschen die Lüge leicht bei anderen und glauben sie nur, wenn sie ihnen schmeichelt oder sonst gerade passt.

Der skeptische Ausruf des gebildeten Römers (Joh 18 38) ist ganz die Gesinnung der heutigen gebildeten Klasse, die sehr wohl weiß, dass alle Wissenschaft und Philosophie der Welt, solange eine Geschichte der Menschheit besteht, keine wirklich sichere, unfehlbare Wahrheit geliefert hat. Wer daher überhaupt die Wahrheit haben will und nicht nur einzelne und zeitweise Wahrheiten, der wird kaum eine andere Wahl haben, als sich an den anzuschließen, dessen geschichtliche und einzigartige Aufgabe in der Welt eben das Zeugnis der Wahrheit war.

Joh 18 37    Joh 17 8    Joh 17 17    Joh 16 13 Joh 14 6    Joh 11 25–26    Joh 8 51    Joh 7 46    Mt 7 29

Er kann es auch selbst versuchen, ob dieses Zeugnis wirklich die ganz befriedigende Wahrheit ist; es wird sich in seinem eigenen Gefühl hinlänglich und überzeugend als solche beweisen.

Joh 9 25    Joh 8 12    Joh 7 38    Joh 7 16–17    Joh 6 68    Joh 4 14

Wer es aber nie ernstlich versucht hat und auch nicht versuchen will, der hat kein Recht, es zu bestreiten; er redet von etwas, das er nicht kennt.

(aus Carl Hilty: »Für schlaflose Nächte«, Leipzig/Frauenfeld 1908)