7. März

Ununterbrochene nützliche Arbeit, solange es die Kräfte gestatten, ist neben der beständigen Gottesnähe das Beste und Befriedigendste von allem, was das menschliche Leben zu bieten vermag. Wenn man aber einmal diesen Grundsatz fest in sein Leben aufgenommen hat, muss man sich frühzeitig vor übermäßiger, unnötiger oder allzu hastiger und nervöser Arbeit hüten.

Was der Apostel Paulus in Eph 5 16 die Zeit benützen nennt (woraus die neueren Bibelübersetzungen, um wörtlicher zu sein, das unglückliche Wort »die Zeit auskaufen« gemacht haben), das hat schon sehr oft Anlass zu einer Treiberei und Hetzerei in geistlichen Dingen gegeben, die mit der Auffassung des menschlichen Lebens durch Christus gar nicht übereinstimmt. Der nahm sich vielmehr zu allem Zeit und ließ sich auch zu grundsätzlich guten Dingen nicht treiben.

Joh 7 3–9    Joh 11 6–10

Dieser unruhige Aktionstrieb ist vielmehr ein spezifisch jüdisches Element, das durch Paulus ins Christentum hineingekommen ist. Die letzten Briefe des Apostels sind deshalb so erquicklich und den früheren an geistigem Gehalt und Tiefe so stark überlegen, weil er durch Gott selbst schließlich zu der Ruhe gesetzt wurde, die nicht in seinem Temperament lag. Uns würde etwas mehr von dem wirklichen Geist Christi jetzt viel nötiger sein als alles kirchliche Werkwesen und alle christliche Agitation.

(aus Carl Hilty: »Für schlaflose Nächte«, Leipzig/Frauenfeld 1908)