16. Februar

Ich habe nie recht verstehen können, wie jemand selbst in sogenannten glücklichen Verhältnissen, ganz besonders im Alter und bei beginnender Kränklichkeit, leben mag, wenn er ohne Glauben an Gott nur auf die eigene, wechselnde Kraft und die unzuverlässige Hilfe der Menschen angewiesen ist und wenn er als Lebensgenuss nur das kennt, was gewöhnlich dafür gilt. Das Leben besteht dann eigentlich halb aus Furcht, halb aus Zerstreuung oder Betäubung.

Ich wollte meinerseits noch lieber Götzen anbeten als gar keinen Gott haben.

Ein gesetzestreuer Jude unserer Zeit wurde einmal von einem Reformjuden gefragt, ob ihm nicht die vielen gesetzlichen Vorschriften der jüdischen Religion als eine Last erschienen, die man sich doch etwas leichter machen könnte. Seine ausgezeichnete Antwort war die: Es sei sicherlich eine Last, aber eine solche wie das Gewehr und die schwere Patronentasche für den Soldaten im Felde, die er doch um keinen Preis missen möchte.

Gottes Gebote sind eine Last (für den, der bloß seiner Willkür leben möchte), aber es ist ein Segen für Leib und Geist damit verbunden, der sonst nicht zu haben oder sonst wie zu ersetzen ist.

5 Mos 28    5 Mos 29    5 Mos 30    3 Mos 18 2–5    Neh 9 29–31    Hes 20 11.

Das wird besonders die künftige Medizin wieder lehren müssen.

Übrigens kann niemand, auch der Höchstgestellte nicht, ganz frei von allen Schranken und Geboten nur seiner Willkür leben. Jene, die Gott nicht gehorchen, sind gewöhnlich um so mehr Knechte der Menschen. Und schließlich sind Gottes Gebote leicht, weil bei einem wahren lebendigen Glauben stets viel Freude ist; die Menschengebote sind aber schwer, weil sie dessen entbehren.

Das kann jeder selbst auf seine Richtigkeit erproben, wenn er aufrichtigen Herzens dabei zu Werke geht.

1 Joh 5 3    Mt 9 30.

(aus Carl Hilty: »Für schlaflose Nächte«, Leipzig/Frauenfeld 1908)