14. September

Verlass auf Menschen und Verlass auf Gott, das lässt sich erfahrungsgemäß nicht miteinander vereinbaren, sondern eines schließt das andere aus. Sicherer ist der letztere, wenn immer genug Glaube dafür in der Seele vorhanden ist. Die Leiden und Sorgen werden dabei zwar nicht aufgehoben – das würde den meisten Menschen auch kaum gut tun im Hinblick auf ihre innere Vervollkommnung –, aber schon vorher wird alles erträglich und in seinen Folgen wohltätig. Darauf kann man sich verlassen.

Das will der Mensch aber nicht, sondern er möchte eine ganz gesicherte und stets genussreiche Existenz ohne Abhängigkeit von einem höheren Willen und ohne jede Verpflichtung zu einer dementsprechenden Lebensweise haben. Das sucht er, solange es eine menschliche Geschichte gibt, auf allen nur erdenklichen Wegen. Doch hat er es, selbst für einen kleinen Bruchteil der Menschheit, noch niemals gefunden, geschweige denn für alle. Die Hilfe für alle liegt ganz auf dem anderen Pfad.

Jes 49 14–26    Jes 50 6–11    Jes 55 1–12    Ps 63 8    GBG 1009

(aus Carl Hilty: »Für schlaflose Nächte«, Leipzig/Frauenfeld 1908)