Mein Jesu, der du vor dem Scheiden

(Lied Nr. 843 aus: Kleines Gesangbuch der evangelischen Brüdergemeine, Gnadau 1875)

  1. Mein Jesu, der du vor dem Scheiden,
    in deiner letzten Trauernacht,
    uns hast die Früchte deiner Leiden
    in einem Testament vermacht:
    Es preisen gläubige Gemüter
    dich, Stifter dieser hohen Güter.

  2. So oft wir dieses Mahl genießen,
    wird dein Gedächtnis bei uns neu.
    Man kann aus frischen Proben schließen,
    wie brünstig deine Liebe sei.
    Dein Blut, dein Tod und deine Schmerzen
    erneuern sich in unsern Herzen.

  3. Es wird dem Herzen und Gewissen
    ein neues Siegel aufgedrückt,
    dass unser Schuldbrief sei zerrissen;
    und Leib und Seele wird erquickt,
    da wir Vergebung unsrer Sünden
    in deinen blutgen Wunden finden.

  4. Das Band wird fester zugezogen,
    das dich und uns zusammenfügt;
    die Freundschaft, die wir schon gepflogen,
    fühlt, wie sie neue Nahrung kriegt:
    Wir werden mehr in solchen Stunden
    mit dir zu einem Geist verbunden.

  5. Dies Brot kann wahre Nahrung geben;
    dies Blut erquicket unsern Geist.
    Es mehrt sich unser innres Leben,
    wenn unser Glaube dich geneußt;
    wir fühlen neue Kraft und Stärke
    zu jedem dir gefäll’gen Werke.

  6. Wir treten in genaure Bande
    mit deines Leibes Gliedern ein,
    mit denen wir in solchem Stande
    ein Herz und eine Seele sein:
    Der Geist muss mehr zusammenfließen,
    da wir ein Fleisch und Blut genießen.

  7. Dein Fleisch muss uns zum Pfande dienen,
    dass unser Fleisch (jetzt Schwachheit voll)
    einst herrlich aus dem Staube grünen
    und unverweslich werden soll;
    ja dass du uns ein ewig Leben
    nach diesem kurzen werdest geben.

  8. O teures Lamm! so edle Gaben
    hast du in dieses Mahl gelegt!
    Da wir dich selbst zur Nahrung haben:
    Wie wohl ist unser Geist verpflegt!
    Dies Mahl ist unter allen Leiden
    ein wahrer Vorschmack ewger Freuden.

Text: Johann Jakob Rambach (1693–1785)

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