O süßer Stand, o seligs Leben

(Lied Nr. 591 aus: Kleines Gesangbuch der evangelischen Brüdergemeine, Gnadau 1875)

  1. O süßer Stand, o seligs Leben,
    das aus der wahren Einfalt quillt;
    wenn sich ein Herz Gott so ergeben,
    dass Christi Sinn es ganz erfüllt!
    Es weiß sodann von keiner Zierde,
    als die im Blute Christi liegt;
    die reine himmlische Begierde
    hat alles Eitle leicht besiegt.

  2. Wonach der irdsche Weltsinn trachtet,
    ist solchen Herzen Tand und Spiel;
    was mancher für unschuldig achtet,
    ist solchen Herzen schon zu viel.
    Warum? Es gilt der Welt absagen,
    hier heißt’s: Rührt kein Unreines an!
    Wenn ihr das Kleinod wollt erjagen,
    werft alles weg, was hindern kann!

  3. Von Sorgennot und solchen Plagen,
    worein die Welt sich selbst verflicht;
    vom Neid, womit sich andre tragen,
    weiß Christi Sinn und Einfalt nicht:
    Den Schatz, den sie im Herzen heget,
    behält sie wider allen Neid;
    ist jemand, der Lust dazu träget,
    das macht ihr lauter Herzensfreud.

  4. Ach Jesu! Drücke meinem Herzen
    den Sinn der lautern Einfalt ein;
    vertilg, und wär’s mit tausend Schmerzen,
    all andern Sinn und Tand und Schein!
    O schönes Bild, ein Herz zu schauen,
    das sich mit Christi Einfalt schmückt,
    und mit den klugen Lammsjungfrauen
    sich aus des Bräutgams Zukunft schickt!

Text: Johann Joseph Winkler (1670–1722)

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