Ringe recht, wenn Gottes Gnade

(Lied Nr. 393 aus: Kleines Gesangbuch der evangelischen Brüdergemeine, Gnadau 1875)

  1. Ringe recht, wenn Gottes Gnade
    dich nun ziehet und bekehrt,
    dass dein Geist sich recht entlade
    von der Last, die ihn beschwert.

  2. Ringe, denn die Pfort ist enge,
    und der Lebensweg ist schmal;
    hier bleibt alles im Gedränge,
    was nicht zielt zum Himmelssaal.

  3. Kämpfe bis aufs Blut und Leben;
    dring hinein in Gottes Reich;
    will der Satan widerstreben,
    werde weder matt noch weich.

  4. Ringe, dass dein Eifer glühe,
    und die erste Liebe dich
    von der ganzen Welt abziehe:
    Halbe Liebe hält nicht Stich.

  5. Ringe mit Gebet und Schreien;
    halte damit feurig an;
    lass dich keine Zeit gereuen,
    wär’s auch Tag und Nacht getan.

  6. Hast du dann die Perl errungen:
    Denke ja nicht, dass du nun
    alles Böse hast bezwungen,
    das uns Schaden pflegt zu tun.

  7. Bleib bei Jesu, meine Seele!
    Nimm dein Heil beständig wahr:
    Denn in dieser Leibeshöhle
    schwebst du immer in Gefahr.

  8. Halt ja deine Krone feste,
    halte gläubig, was du hast;
    recht beharren ist das beste;
    Rückfall wird zur schweren Last.

  9. Wahre Treu liebt Christi Wege,
    steht beständig auf der Hut,
    wird in ihrem Lauf nicht träge,
    hält dem Fleische nichts zugut.

  10. Wahre Treu kommt dem Getümmel
    dieser Welt nie gerne nah;
    ist ihr Schatz doch in dem Himmel,
    drum ist auch ihr Herz allda.

  11. Dies bedenke, meine Seele!
    Nutze jeden Augenblick;
    halt mit immer frischem Öle
    deine Lampe im Geschick!

  12. Liegt nicht alle Welt im Bösen,
    steht nicht Sodom in der Glut?
    Seele, wer soll dich erlösen?
    Eilen, eilen ist hier gut.

  13. Eile, wo du dich erretten
    und nicht mit verderben willt,
    mach dich los von allen Ketten;
    fleuch als ein gejagtes Wild.

  14. Lauf der Welt doch aus den Händen,
    dring ins stille Zoar ein;
    eile, dass du mögst vollenden;
    mache dich von allem rein.

  15. Lass dir nichts am Herzen kleben,
    fleuch vor dem verborgnen Bann;
    such in Jesu nur zu leben,
    dass dich nichts beflecken kann.

  16. Geh dem Bräutigam entgegen;
    sprich zu ihm: Ich bin bereit,
    meine Hütte abzulegen;
    mich dürst’t nach der Ewigkeit.

Text: Johann Joseph Winkler (1670–1722)

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