O dass ich tausend Zungen hätte

(Lied Nr. 1111 aus: Kleines Gesangbuch der evangelischen Brüdergemeine, Gnadau 1875)

  1. O dass ich tausend Zungen hätte
    und einen tausendfachen Mund!
    So stimmt’ ich damit um die Wette
    vom allertiefsten Herzensgrund
    ein Loblied nach dem andern an,
    von dem, was Gott an mir getan.

  2. O dass doch meine Stimm erschallte
    bis dahin, wo die Sonne steht;
    o dass mein Blut mit Jauchzen wallte,
    so lang es noch im Laufe geht;
    ach wär ein jeder Puls ein Dank,
    und jeder Odem ein Gesang!

  3. Was schweigt ihr denn ihr meine Kräfte?
    Auf, auf! braucht allen euren Fleiß,
    und stehet munter im Geschäfte,
    zu Gottes meines Herren Preis;
    mein Leib und Seele schicke dich
    und lobe Gott herzinniglich!

  4. Ihr grünen Blätter in den Wäldern,
    bewegt und regt euch doch mit mir;
    ihr schwachen Gräschen in den Feldern,
    ihr Blumen, lasst doch eure Zier
    zu Gottes Ruhm belebet sein
    und stimmet lieblich mit mir ein!

  5. Ach! alles, alles, was ein Leben
    und seinen Odem in sich hat,
    soll sich mir zum Gehilfen geben;
    denn mein Vermögen ist zu matt!
    Die großen Wunder zu erhöhn,
    die allenthalben um mich stehn.

  6. Dir sei, o allerliebster Vater,
    unendlich Lob für Seel und Leib!
    Dank sei dir, mildester Berater!
    dass ich dein Kind und Erbe bleib;
    Preis, Dank, Kraft, Ruhm und Herrlichkeit
    gehört dir jetzt und allezeit.

  7. Mein treuster Jesu! sei gepriesen,
    dass dein erbarmungsvolles Herz
    sich mir so hilfreich hat erwiesen
    und mich, durch Blut und Todesschmerz
    von Satans Sklaverei befreit,
    zu deinem Eigentum geweiht.

  8. Auch sei dir ewig Ruhm und Ehre,
    o Gott! du werter heilger Geist,
    für deines Trostes süße Lehre,
    die mich ein Kind des Lebens heißt:
    Ach! ist was Guts am Leben mein,
    so ist es wahrlich lauter dein.

  9. Wer überströmet mich mit Segen?
    Bist du es nicht, o reicher Gott?
    Wer schützet mich auf meinen Wegen?
    Du, du, o Herr Gott Zebaoth!
    du trägst mit meiner Sündenschuld
    unsäglich gnädige Geduld.

  10. Vor andern küss ich deine Rute,
    die du mir aufgebunden hast;
    wieviel tut sie mir doch zu gute,
    und ist mir eine sanfte Last;
    sie macht mich fromm und zeugt dabei,
    dass ich dir lieb und teuer sei.

  11. Ich hab es ja mein Lebetage
    schon so manch liebes Mal verspürt,
    dass du mich unter vieler Plage
    getreulich hast hindurchgeführt,
    denn in der größesten Gefahr
    wurd ich dein Trostlicht stets gewahr.

  12. Wie sollt ich nun nicht voller Freuden
    in deinem steten Lobe stehn?
    Wie sollt ich auch im tiefsten Leiden
    nicht triumphierend mit dir gehn?
    Ja, fiele auch der Himmel ein,
    so will ich doch nicht traurig sein.

  13. Drum reiß ich mich jetzt aus der Höhle
    der schnöden Eitelkeiten los
    und rufe mit erhöhter Seele:
    Mein Gott, du bist sehr hoch und groß;
    Kraft, Ruhm, Preis, Dank und Herrlichkeit
    gehört dir jetzt und allezeit!

  14. Ich will von deiner Güte singen,
    solange sich die Zunge regt;
    ich will dir Freudenopfer bringen,
    solange sich mein Herz bewegt;
    ja wenn der Mund wird kraftlos sein,
    so stimm ich noch mit Seufzen ein.

  15. Ach nimm das arme Lob auf Erden,
    mein Gott! in allen Gnaden hin:
    Im Himmel soll es besser werden,
    wenn ich wie Gottes Engel bin;
    da sing ich dir im höhern Chor
    viel tausend Halleluja vor.

Text: Johann Menzer (1658–1734)

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