8. September

Über die Göttlichkeit Christi zu debattieren, ist ganz unnütz; das Geheimnis dieses Lebens ergründen wir nicht und sollen es auch nicht (Lk 10 22). Unverständlich an sich, oder wenn man es anders ausdrücken will: unergründlich ist die Dreifaltigkeit, die überhaupt bloß ein Gleichnis ist, keine Erklärung. Irrig jedenfalls sind der Unitarismus1 oder der Deismus2, die von einem lebendigen Gott abführen. Die Stelle, die über die Auffassung der Apostel selber am meisten zu denken gibt, ist 1 Kor 15 28.

Es kommt übrigens auf all solche Formulierungen weit weniger an als auf die innere, durch Erfahrung erlangte Gewissheit von Gott, von Christus und von einem Geist des Guten in uns, der sicherlich nicht unser natürlicher Geist ist.

(aus Carl Hilty: »Für schlaflose Nächte«, Leipzig/Frauenfeld 1908)


  1. Der Unitarismus ist eine Glaubensrichtung, die das Dogma der Dreifaltigkeit ablehnt. Vgl. Wikipedia-Artikel 

  2. Als Deismus bezeichnet man den Glauben an einen Gott aus Verstandesgründen, im Gegensatz zum Gottesverständnis, das auf Offenbarungen und heiligen Schriften beruht. Vgl. Wikipedia-Artikel