31. Oktober

Zu Lk 11 36

Das Beste und Entscheidendste, was in uns geschieht, hat stets eine blitzartige Natur: Es ist ein Strahl der Gnade und des Lichts aus einer anderen Welt, und meistens nicht nur eine Einsicht, sondern zugleich eine Anregung zum aktiven Handeln. Dann ist es Sache des Menschen, diesen Entschluss ebenso rasch zu fassen und ihn sofort auszuführen; sonst geht der Gnadenblick vorüber. Erfassen wir ihn aber, dann ist er der "Adler mit dem Goldgefieder", der uns über sonst unübersteigliche Hindernisse gewaltsam aufwärts reißt. Der Weg zum Himmelreich ist eben ein ganz eigentümlicher, nicht nach den gewöhnlichen Regeln des Lernens zu bemessender Pfad; aber wer das nicht erfahren hat, der glaubt nicht gern daran.

Laubfall

I.

Der Spätherbst streift durch Berg und Tal;
Die roten Blätter fallen;
Die Vögel schweigen überall
In diesen Waldeshallen.

In kurzem decken Reif und Schnee
Die buntgefärbten Wälder.
Wie sprichst du diesmal sonder Weh:
Ach käm es doch noch bälder?!

Dem eignen Wesen ward ich feind,
Es ist dahingegeben;
Jetzt kommt der Tod, ein ernster Freund,
Nach ihm das Leben.

II.

Dein Wille ward mein Wille, auf Unrast folgte Stille,
Der Geist ging ein zur Ruh.
Was los war, ist gebunden, was fehlte, ward gefunden,
Ein Hauch des Lebens spricht mir zu.

(aus Carl Hilty: »Für schlaflose Nächte«, Leipzig/Frauenfeld 1908)