27. April

Wenn die Menschen ohne eigenen Versuch glauben könnten, was für ein Lebensgenuss es ist, keine Genüsse mehr zu suchen, sie würden alle, ohne Ausnahme, zu diesem System übergehen, und die Welt wäre mit einem Schlag geändert.

In den großen Krisen des Lebens muss man immer zuerst wagen; dann kommt das Können und zuletzt das Sehen, dass es das Richtige war.

Neu Land

Die Fahrt ist aus, die dunkle Flut
Ward überbrückt durch dieses Wagen;
Es hat das Geisterschiff mich gut
Bis an dies neue Land getragen.

Ein seltsam Land, ein andrer Stern,
Ein irdisch Paradies zu nennen;
Es liegt so nah und doch so fern,
Und wen’ge sind es, die es kennen.

In weiter Ferne bleibt zurück
Des alten Daseins ird’sche Schwere;
Sich selbst aufgeben heißt hier »Glück«
Und leben: »Sein zu Gottes Ehre.«

Ist dies nun, Herz, dein Vaterland,
Willst du es zu besitzen wagen?
Verlässt du, was dich auswärts band,
Kannst du die Freiheitsluft ertragen?

O weich nicht mehr von dieser Flur;
Hier wirst du völlig nun genesen;
Du siehst vor dir die klare Spur
Der Heil’gen, die dein Licht gewesen.

An jedem Morgen freu dich neu
Des Sieges durch ein neu Verzichten;
Nun ist die schwere Zeit vorbei;
Das Dunkel schwand; es geht zum Lichten!

(aus Carl Hilty: »Für schlaflose Nächte«, Leipzig/Frauenfeld 1908)