3. April

Ein Geduldiger ist besser als ein Starker
und wer sich selbst beherrscht besser als einer,
der Städte einnimmt. (Spr 16 32)

Unseren Gefühlen und Stimmungen dürfen wir nicht einfach nachgeben. Sie sind ohne unser Zutun vorhanden und haben Einfluss auf unser gesamtes Befinden – aber nur so wie das Wetter, das wir auch nicht ändern können, gegen das wir uns aber doch zur Wehr setzen. Nach und nach gewinnt der Charakter dadurch eine solche Festigkeit, dass die Gefühle nur eine Nebensache mehr sind und lediglich zur Abwechslung in der Eintönigkeit des Lebens beitragen, wie der Wechsel der Jahreszeiten, der Witterung oder der Wechsel von Tag und Nacht.

Besonders Kinder müssen von Jugend an streng dazu angehalten werden, nicht ihren Gefühlen nachzugeben, sondern sie zu beherrschen. Und man darf auch gegenüber ihren Stimmungen nicht die geringste Nachgiebigkeit zeigen oder sie wichtig nehmen; sonst entstehen unbrauchbare, unglückliche Menschen daraus, von denen es jetzt viele gibt.

Endlich kommt dann die eine, anhaltende Stimmung, von der Jes 25, Jes 61 und GBG 732 sprechen.

Das Böse oder Gewöhnliche in uns weicht augenblicklich, sobald wir kräftig das Gute wollen; es spart aber seinen Angriff nur für eine spätere Zeit auf, wenn wir ermüdeter oder sicherer, in der ersten freudigen Gewissheit eines inneren Erfolges sind. Dann macht es immer noch eine Anstrengung, das Verlorene wieder zu erobern, und es gelingt ihm oft genug.

(aus Carl Hilty: »Für schlaflose Nächte«, Leipzig/Frauenfeld 1908)