20. November

Ich bin in meinem Leben oft durch den Sorgengeist, die lebhafte Fantasievorstellung von künftigen Übeln, irregeführt worden. Diese Übel traten dann entweder gar nicht ein oder waren sehr erträglich, aber die Versuche, sie abzuwenden, waren in ihren Folgen mitunter schlimmer, als es die Übel selbst gewesen wären. Dagegen hat mir Gott stets geholfen, wenn ich ihm vertraute. Ohne diesen Glauben kommt man überhaupt nicht leicht durch die Welt, wie sie einmal ist, mit ihm aber wohl, und das gilt für alle Menschen.

Dieser Glaube ist, wenn er in Wirklichkeit vorhanden ist, schon an und für sich ein Glück; denn er erfüllt die Seele mit einer Freudigkeit und Zuversicht, die fast ebenso fröhlich macht wie der schließliche Gewinn daraus. Umgekehrt ist der Pessimismus ein Gefühl, das ebenso unglücklich macht wie das Unglück selbst. Da wähle also – das hängt von dir ab.

Wir könnten uns unser Leben sehr viel leichter gestalten, wenn wir wenigstens den Lehren des 32. Psalms, Vers 8 und 9 (Ps 32 8-9) folgen wollten.

(aus Carl Hilty: »Für schlaflose Nächte«, Leipzig/Frauenfeld 1908)