2. März

Träume sind ein Merkzeichen für das, was den wesentlichen Lebensinhalt eines Menschen ausmacht. Wenn sie anfangen geistiger zu werden, sich nicht bloß mit körperlichen Angelegenheiten zu beschäftigen, dann ist das ein gutes Zeichen. Nur in diesem Stadium kann man von Einwirkungen Gottes sprechen, die dann nicht zu übersehen sind.

Visionen sind etwas ganz anderes, nämlich eine Art von innerem Sehen (oder Hören), das in völlig wachem Zustand und mit großer Deutlichkeit stattfindet. Das ist immer eine sehr ernste Sache.

Noch etwas anderes wieder ist die allgemeine Freudigkeit und Kräftigkeit der Stimmung, die ebenfalls kein Produkt unseres Geistes ist, sondern ihn gerade aus einer natürlichen Gedrücktheit aufrichten soll und die zu den größten Lebensfreuden gehört. Diese allein kann man durch Verinnerlichung seiner Gedanken und festen Anschluss an Gott einigermaßen hervorrufen.

(aus Carl Hilty: »Für schlaflose Nächte«, Leipzig/Frauenfeld 1908)