10. Februar

»Erachtet es für lauter Freude, wenn ihr in mancherlei Anfechtung fallet.« (Jak 1 2)

Dieser Ermahnung des Apostels während der Anfechtung selbst Folge zu leisten, ist ziemlich schwer, und ich möchte es einigermaßen bezweifeln, ob er diese unbegrenzte Freudigkeit im Augenblick des stärksten Leidens immer selbst gehabt hat. Sogar Christus hatte sie ja nicht; Mt 26 37–38. Wer das immer kann, der ist daher über dieses Leben bereits hinausgewachsen, und die Anfechtungen, die doch nur Prüfungen sind, haben keinen Zweck mehr für ihn.

Den meisten Angefochtenen aber kann man mit einem solchen Spruch gar nicht beikommen; sie sehen ihn oft geradezu als Hohn auf ihr Leiden oder als Mitleidslosigkeit an. Was man ihnen dagegen mit Ernst zumuten kann, ist: nicht stumpf hinbrütend oder gar mit tiefer Verbitterung in ihr Leiden zu versinken, sondern »aufzublicken zu den Bergen, von denen die Hilfe kommt«, wenn es auch nur mit einem einfachen, kurzen Seufzer »Herr hilf mir« ist. Das hilft immer etwas. Und wenn die Seele einmal so weit beruhigt ist, dass sie überlegen kann, dient als weitere Stärkung ein Rückblick auf die vielen vergangenen Prüfungen, die doch alle ihr Ende gehabt haben – oft weit schneller, als es zu erwarten war, und auf wunderbare Weise.

GBG 374    Hebr 10 32–39.

Länger, als es nötig ist, wird ein Mensch oder Volk nie geprüft. Aber es ist bei beiden gut möglich, dass ein Augenblick kommt, von dem ab alles Schmelzen umsonst ist und deshalb auch aufhört. Dann kommt nur noch das Gericht, und auf diesem Wege befinden sich jetzt viele.

Jer 2 19–20    Jer 2 25    Jer 4 22    Jer 6 14    Jer 6 27–30

Auf mittlern Bergesstufen
(Offb 3 8)

Gott sei gedankt, die Tür ist offen!
Die schweren Riegel sind gesprengt;
Ich hab mit »Stillesein und Hoffen«
Mich durch das Nadelöhr gezwängt.

Mein Herz fasst Mut zum wahren Wollen;
Die Seele atmet auf, befreit;
Dumpf in der Ferne hör ich grollen
Den Donner des Gerichts der Zeit.

(aus Carl Hilty: »Für schlaflose Nächte«, Leipzig/Frauenfeld 1908)